Viele Länder in Südamerika gelten als gefährlich. Die Botschaften geben Warnungen heraus: Man soll sich vor Diebstahl, Überfällen und Betrug in Acht nehmen. Doch unserer Erfahrung nach trifft das auf viele Städte der Welt zu – nicht nur auf diesem Kontinent.
Reisehinweise zu lesen ergibt sicher Sinn. Wenn man sie aber zu eng auslegt, traut man sich kaum mehr aus der eigenen Umgebung heraus. Dennoch ist die Realität in vielen Ländern ausserhalb Europas tatsächlich eine andere. Wir haben schon darüber berichtet, wie wir uns bewegen und wie wir für uns die grösstmögliche Sicherheit gewährleisten.
Seit wir in Venezuela unterwegs sind, hat sich auch unser Bild davon verändert, was Sicherheit eigentlich bedeutet. Politisch hatten wir bisher keine grossen Hürden. In den meisten Ländern sind Touristen willkommen. Die Probleme bestehen oft zwischen kriminellen Gruppen – und betreffen in erster Linie die Menschen, die dort leben. Meist kann man diesen Konflikten aus dem Weg gehen, indem man bestimmte Gebiete und Grossstädte meidet.
Sicherheit hat viele Gesichter
Sicherheit auf Reisen besteht aus mehreren Ebenen. Einerseits gibt es die unmittelbare Gefahr durch Kriminalität – von Gelegenheitsdiebstahl bis hin zu Überfällen oder Entführungen durch Banden. Andererseits kann auch der Staat selbst zur Bedrohung werden: etwa durch korrupte Sicherheitskräfte oder politische Instabilität, wie im Fall von Guerillas oder Kartellen, die durch Entführungen oder Erpressung ihre Ziele verfolgen.
Unterwegs im Alltag: Beobachtungen und Strategien
Persönliche Sicherheit ist für uns vor allem in Städten wie Santa Marta (Kolumbien) oder Puerto Ordaz (Venezuela) ein Thema – dort sowie an Grenzübergängen waren wir besonders vorsichtig. Abseits der Städte war die Lage meist entspannter, die Menschen hilfsbereit und oft überrascht, Ausländer zu sehen.
Ein einfacher, aber effektiver Trick: nicht mehrfach dieselbe Strecke fahren – so erschwert man gezielte Überfälle. In Kolumbien durchquerten wir ein Guerillagebiet. An den Checkpoints sprachen wir mit den Leuten vor Ort, die uns versicherten, dass es am Tag kein Problem sei. Klare Regeln standen sogar auf Schildern: keine Bewegungen zwischen 18 Uhr abends und 6 Uhr morgens, getönte Scheiben und Planen offen lassen, das Gesicht nicht verdecken – damit man erkennt, wer da durchfährt.


Die Kämpfer wussten natürlich, dass wir Touristen sind. Und tatsächlich: Sie hatten ein Interesse daran, dass Reisende durchkommen – der Tourismus bringt Geld. Leider untergraben sie das immer wieder selbst, indem sie Regierungstruppen angreifen.
Sicherheit durch lokale Netzwerke
Am letzten Reisetag nach einer langen Matschstrecke halfen wir einem kleinen Sedan mit Munitionskiste aus dem Graben. Am Abend fragten wir einen lokalen Kontakt, ob es sicher sei, die letzten Kilometer im Dunkeln zu fahren. Ihre Antwort: «Ab hier kein Problem mehr.» Einen Tag zuvor – nur 100 Kilometer weiter – hatte man uns noch ausdrücklich gewarnt, ab 18 Uhr nicht mehr unterwegs zu sein. Wir hatten uns entsprechend frühzeitig um einen Stellplatz gekümmert.
Das Schöne am Reisen: Die meisten Menschen vor Ort freuen sich, Reisende kennenzulernen. Anfangs ist manch einer vielleicht skeptisch, aber das legt sich oft schnell, wenn sie merken, dass wir nicht die typischen Touristen sind. Viele geben uns dann gerne Tipps.
Küstenregion Kolumbien: Wenig Gastfreundschaft, viel Misstrauen
In der kolumbianischen Karibik fühlten wir uns am wenigsten sicher. Die Menschen dort waren oft unfreundlich, manchmal sogar ablehnend. Vermutlich sehen sie zu viele Touristen – und glauben, da ist immer etwas zu holen. Mehrfach versuchte man, uns übers Ohr zu hauen. Zum Glück kannten wir die ungefähren Preise und konnten gegenhalten.
In Kolumbien erlebten wir auch das erste Mal Gewalt direkt: Zwei Männer gingen mit Macheten aufeinander los – mitten auf der Strasse. Wir sind schnell weitergefahren. Es zeigt sich immer wieder: Wo viele Touristen sind, gibt es auch viele, die daran verdienen wollen – ehrlich oder nicht.
Polizeikontrollen, Schmuggelrouten und rechtliche Grauzonen
Abseits der Touristenpfade sind Polizisten oft nicht gut informiert. Viele wissen gar nicht, welche Regeln für ausländische Fahrzeuge gelten. Das macht sie allerdings auch weniger anfällig für gezielte Abzocke.
In konfliktreichen Regionen, besonders an Grenzen mit viel Schmuggelaktivität, versuchen wir, möglichst wenig Zeit zu verbringen. Diese Städte sind selten schön, und je kürzer der Aufenthalt, desto geringer das Risiko. Dort, wo es etwas zu holen gibt – sei es Waren, Kontrolle oder Geld – steigt auch die Kriminalität.


Wie war Venezuela?
In Venezuela haben wir eine andere Art von Sicherheit erlebt. Raubüberfälle sind selten, und auch Entführungen durch Banden haben laut unseren Gesprächen deutlich abgenommen. Das bestätigten uns Polizei, Militär, Einheimische und Ausländer, die schon lange dort leben. Seit etwa fünf Jahren sei es spürbar besser – auch wenn sich die Stimmung langsam wieder verändert.
Trotz der vielen Kontrollpunkte – allein im letzten Monat 209 an der Zahl – wurden wir überall korrekt behandelt. Meist winkte man uns durch, ab und zu wurden Papiere kontrolliert. Einmal bekamen wir Wasser, ein anderes Mal sogar Kaffee.
Unwohl fühlten wir uns erst kurz vor den Bürgermeisterwahlen. Sie wurden nur einen Monat zuvor ausgerufen – ein Zeichen, wie schnell sich politische Verhältnisse ändern können. Momentan sind Ausländer willkommen, weil sie Devisen mitbringen. Aber das kann sich jederzeit drehen, wenn politische Motive überwiegen.
Zwischen Klischee und Realität
Viele hatten uns vor Venezuela und Ecuador gewarnt. Doch gerade diese beiden Länder haben uns positiv überrascht. Ja, sie haben ihre Gefahren– das darf man nicht beschönigen. Für die lokale Bevölkerung ist das Leben oft hart. Doch wir haben uns dort sicherer gefühlt als in vielen anderen Ländern – insbesondere im Vergleich zu Kolumbien.
Einmal mehr zeigt sich: Man sollte mit anderen Reisenden sprechen. Denn Urlaub machen, durchs Land reisen oder dort leben – das sind ganz verschiedene Erfahrungen.
Zur Erinnerung: Das sind unsere Erfahrungen und die unterscheiden sich von anderen Reisenden. Egal wohin du gehst, ist es besser gut vorbereitet zu sein; und falls du dich unsicher fühlst, such nach der Option, die für dich stimmt.
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